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Raul

Seit Juli 2015 ist der gebürtige Spanier Raúl Alonso, zuvor Assistenztrainer beim THW Kiel, Chefcoach bei Sparkasse Schwaz Handball Tirol. Ein Gespräch über das EM-Qualifikationsmatch Österreich gegen Spanien am 3. Mai in Innsbruck und das nahende HLA-Semifinale.

 

Was sind die Stärken des spanischen Nationalteams? Raúl Alonso: Spanien ist aktueller Vize-Europameister und zählt seit vielen Jahren zu den absoluten Topnationen im Welthandball. Auf Trainer Manolo Cadenas, der das Team zuletzt geformt hat, ist mit Jordi Ribera ein weiterer herausragender Coach gefolgt. Die Deckung – egal ob als 5:1- oder 6:0-Variante – zählt schon lange zu den besten weltweit, dazu kommen die überragenden Torhüter – das sind mit dem gnadenlosen Gegenstoß-Handball die klassischen Tugenden der Spanier. In der Offensive bestechen besonders das Verhalten zwei gegen zwei und das Zusammenspiel mit Kreisläufer Aguinagalde, zudem ist die individuelle Stärke von Spielern wie Joan Cañellas sehr groß, die Außen sind überaus effektiv.

 

Welche Chancen räumst du Österreich am Mittwoch in der Tiroler Wasserkraft Arena ein? Spanien ist sicher klarer Favorit, aber ich glaube, dass Österreich durchaus gut dagegenhalten kann. Und mit dem Tiroler Publikum im Rücken ist ein Punktgewinn möglich. Es muss natürlich an diesem Tag alles passen, wichtig wird sein, das Match lange offen zu gestalten. Die Österreicher müssen im Angriff geduldig auf ihre Chance warten, technische Fehler weitgehend vermeiden und die Gegenstöße der Spanier so gut wie möglich unterbinden.

 

Wie schätzt du das aktuelle ÖHB-Team ein, nachdem einige arrivierte Spieler wie Viktor Szilágyi oder Vitas Ziura nicht mehr zur Verfügung stehen? Das ist schon ein Umbruch im Gange und das bedarf natürlich einiger Zeit. Die Spieler müssen in einem Entwicklungsprozess reifen und sich als Team finden – das geht in der Nationalmannschaft nicht so schnell wie auf Vereinsebene, da man im Jahr ja nur wenige Spiele gemeinsam bestreitet. Der Kader ist sehr gut besetzt, eine gute Mischung aus Top-Legionären und Akteuren aus der heimischen Handball Liga Austria. Junge Spieler wie Nikola Bilyk oder Raul Santos wissen bei einem Weltverein wie dem THW Kiel zu überzeugen. Es fehlt insgesamt halt noch die Breite, Ausfälle wie aktuell jener von Max Hermann sind nur schwer zu kompensieren. Patrekur Jóhannesson leistet Top-Arbeit und wird ein entsprechend starkes Team bis zur Heim-EM 2020 formen.

 

Mit Sparkasse Schwaz Handball Tirol bist du nun erstmals in der Vereinsgeschichte ins Semifinale der HLA vorgedrungen. Wie bewertest du die Entwicklung des Teams? Uns ist es in den letzten knapp zwei Jahren gelungen, eine neue Philosophie in der Mannschaft zu implementieren, einen professionelleren Zugang zum Handball. Damit haben wir ein Teilziel erreicht. Wir zählen nun schon mal punktuell zu den Top-Vier der Liga, das freut uns natürlich sehr. Und gibt uns Sicherheit, genauso weiterzuarbeiten. Wir ziehen unser Konzept konsequent durch, treten als geschlossene Einheit auf. Wir waren phasenweise Tabellenführer im Grunddurchgang, sind zuhause immer noch ungeschlagen und haben jeden Gegner zumindest einmal besiegt. Wir konnten die Fans mit einer attraktiven Spielweise überzeugen. Es geht also Schritt für Schritt in die richtige Richtung – der ganze Verein, die ganze Region hat sich diese Ergebnisse gewünscht. Jetzt müssen wir hart weiterarbeiten.

 

Was ist im Semifinale gegen den amtierenden Meister und Pokalsieger Fivers Margareten möglich? Wir haben im Viertelfinale mit Bregenz den Rekordmeister eliminiert und nun auch eine Chance aufs Finale. Aber die Aufgabe wird erneut sehr schwierig, die Fivers sind perfekt eingespielt, haben gerade erst den Cup gewonnen. Mit Vitas Ziura haben sie den wohl herausragenden Spieler der HLA in ihren Reihen. Die Nachwuchsarbeit der Fivers ist sehr stark: Jeder Einzelne ist diese Wettkampfsituationen, wenn es um Titel geht, über viele Jahre gewohnt. Dadurch konnten sie hochkarätige Abgänge wie den von Nikola Bilyk kompensieren. Wir werden wieder Topleistungen und großen Einsatzwillen brauchen, um bestehen zu können.